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Corona-Krise: Frauen leiden seelisch mehr als Männer

Laut der KKH Kaufmännische Krankenkasse sind depressive Episoden in Baden-Württemberg auf Platz eins der psychischen Leiden.

Bild: stock.adobe.com/Antonioguillem

Die Corona-Krise schlägt den Frauen in Baden-Württemberg offenbar deutlich mehr auf die Seele als den Männern: Laut Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse haben 2020 doppelt so viele Arbeitnehmerinnen ein Attest wegen psychischer Erkrankungen vorgelegt als Arbeitnehmer. Das teilt die KKH Kaufmännische Krankenkasse Aalen in einer Pressemitteilung mit.
 
Anpassungsstörungen und Reaktionen auf schwere Belastungen haben Ärzte sogar bei fast dreimal so vielen Frauen diagnostiziert, heißt es weiter. Auf Platz eins der häufigsten seelischen Leiden im ersten Corona-Jahr liegen laut KKH im Südwesten depressive Episoden mit rund 36.500 attestierten Fehltagen bei Frauen und 21.500 Krankheitstagen bei Männern. Es folgen Anpassungsstörungen (Frauen rund 36.000 Tage, Männer rund 14.500 Tage), wiederkehrende Depressionen (Frauen rund 22.500 Tage, Männer rund 11.500 Tage) sowie chronische Erschöpfung und Burnout (Frauen rund 17.500 Tage, Männer rund 5.500 Tage).
 
Die durchschnittlich längste Fehlzeit pro Arbeitnehmer registriert die KKH in Baden-Württemberg aufgrund von Depressionen: Bei den Frauen im Schnitt rund 96 Tage, bei den Männern knapp 82 Tage. Das sind um die 40 Prozent der Arbeitszeit, geht man abzüglich Wochenenden, Feiertagen und Urlaub durchschnittlich von 220 Arbeitstagen im Jahr aus. Tendenz steigend: Denn 2020 seien Frauen im Bundesdurchschnitt knapp vier Tage und Männer fast fünf Tage länger wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig gewesen als noch im Jahr zuvor.
 
Der Spagat zwischen Arbeit, der Betreuung von Kindern und pflegebedürftiger Angehöriger gehören zu den Gründen, warum Frauen seit der Krise psychisch mehr beansprucht seien als Männer, erläutert KKH-Wirtschaftspsychologin Antje Judick. Zwar habe die Doppelbelastung von Familie und Beruf wegen des immer noch vorherrschenden klassischen Rollenbilds Frauen auch schon vor der Pandemie seelisch stärker gefordert. Seit Corona habe sich das Problem allerdings noch verschärft: "Kleine Kinder müssen neben der Arbeit im Homeoffice beaufsichtigt und ältere Kinder im Homeschooling betreut werden, während im Job Bestleistungen gefordert sind. Fehlende Lösungsmöglichkeiten erhöhen den Druck zusätzlich." Ein weiterer Faktor ist, dass mehr Frauen in sozialen Berufen etwa als Kranken- und Altenpflegerinnen sowie in Branchen mit viel Menschenkontakt beschäftigt sind, zum Beispiel im Verkauf. In diesen Bereichen ist die Belastung durch Corona besonders hoch", sagt Antje Judick.
 
Aber auch an den Männern gehe die Krise nicht spurlos vorbei: Die Krankheitsdauer, die seit Corona deutlicher angestiegen sei als bei Frauen, deutet auf mehr langwierigere, schwerere Krankheitsfälle hin. "Die Belastung bei Männern ist aber häufig anders gelagert", erläutert Judick. Sie stünden weniger wegen der Doppelbelastung von Familie und Beruf, sondern seit der Pandemie vor allem wegen Existenzängsten durch Insolvenz und Arbeitsplatzverlust unter Dauerstress.
 
pm/KKH Aalen


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