Landrat Klaus Pavel im Gespräch mit der Wochenzeitung

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Der Landrat des Ostalbkreises Klaus Pavel geht in den Ruhestand. Im Gespräch mit der Wochenzeitung blickt er auf 24 Jahre in seinem Amt zurück.

WZ: Herr Landrat Pavel, wie sind Ihre Gefühle zum Ende der Ära Landrat im Ostalbkreis?
 
Landrat Pavel: Man kann sagen, dass es sich dabei um gemischte Gefühle handelt. Nach 24 Jahren ist man mit dem Amt und den Räumlichkeiten im Landratsamt aufs allerengste verbunden. Täglich ist man vor Ort, begegnet Menschen, erlebt und entscheidet wichtige und weitreichende Dinge. Andererseits überwiegt auch die Freude, dass ich als sehr zufriedener und glücklicher Mensch aufhören kann.
 
WZ: Lange Jahre pflegten Sie gute Kooperationen zu Kollegen im Landkreis Heidenheim, zum Beispiel bei der IHK. Wie würden Sie Ihr Netzwerk im Landkreis beschreiben?
 
Landrat Pavel: Das Netzwerk war tatsächlich immer gut. Da denke ich gerne an Landrat Polta und seine Vorgänger, das war immer ein gutes Miteinander. Ich habe auch eine besondere Nähe zu Oberbürgermeister Ilg, er ist ja auch seit 20 Jahren im Amt. Wir pflegten eine sehr, sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit. Ein Höhepunkt ist sicher die WIRO, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Region Ostwürttemberg und jetzt zum Abschluss der Mobilitätspakt Aalen-Heidenheim.
 
WZ: Mit Ihrer Mission Talente und Patente in Ostwürttemberg haben Sie eine Marke kreiert. Wo sehen Sie den enormen Mehrwert?
 
Landrat Pavel: Die Formulierung "Raum der Talente und Patente" hat in der Tat große Aufmerksamkeit erregt. Das hängt sicher damit zusammen, dass man dies in Ostwürttemberg erst nicht vermutet: Innovationsfähigkeit und Innovationsdichte. Das bringt uns sehr viel. Es geht auch immer darum, dass man die Stärken stärkt und eine der hohen Stärken Ostwürttembergs ist die hohe Patentdichte.
 
WZ: Herr Landrat Pavel, Ihr Herz schlägt auch für Tiere. Werden Sie sich in diesem Bereich weiterhin engagieren?
 
Landrat Pavel: Im Förderverein bin ich ja schon lange Zeit Mitglied, das ist bekannt. Dies wird auch so bleiben. Ich glaube, es ist eine vornehme Aufgabe, dass wir uns um Tiere und die artgerechte Haltung von Tieren in allen Bereichen kümmern. Deshalb ist es gut, dass wir die Tierschutzorganisationen haben.
 
WZ: Als innovativer Gestalter haben Sie im Ostalbkreis mit einem Schuldenberg begonnen, auch die Infrastruktur war partiell veraltet. Wie steht der Ostalbkreis aus Ihrer Sicht heute da?
 
Landrat Pavel: Heute steht der Ostalbkreis im Ranking der Landkreise sicher in vielem sehr weit vorne. Die Verschuldung ist deutlich zurückgeführt worden. Wir gehören derzeit zu den Kreisen mit einer nicht überdurchschnittlichen, sondern unterdurchschnittlichen Verschuldung. Das kommunale Steuervolumen ist sehr bemerkenswert. - Von daher würde ich sagen: wirtschaftlich steht der Ostalbkreis sehr, sehr gut da. Trotz aller Krisen. Aber unterm Strich immer noch sehr positiv.
 
WZ: Würden Sie mit mir die These teilen, dass wir in den nächsten 20 Jahren bei aller Entwicklung mit G5, autonomem Autofahren, zur Weiterentwicklung die Kennziffer "Mensch" in punkto Kreativität für neue Ideen brauchen?
 
Landrat Pavel: Das ist eine sehr wichtige Frage. Das darf nicht zu kurz kommen. Durch die Coronakrise wird das im Moment umso deutlicher. Vieles geht per Telefon- oder Videokonferenz. Aber was fehlt, ist der persönliche Kontakt und Austausch, der einen großen Mehrwert darstellt gegenüber den Apparaten. Daher hoffe ich sehr, dass das Miteinander in der Gesellschaft, das Aufeinander-Zugehen, das Zuhören, als größtem Mehrwert der Menschheit nie vergessen wird.
 
WZ: Worin sehen Sie die großen Aufgaben im Themenbereich Asyl, gerade für Lösungen, um aktuelle Massenwanderungen abzufangen?
 
Landrat Pavel: Ich bin sehr enttäuscht, dass Europa keine einheitliche Linie entwickelt, dass man die humanitäre Bedeutung der Flüchtlingsbewegung noch zu wenig zu lindern versucht. Aus meiner Sicht bleibt es immer noch bei schönen Reden und wenig konkreten Umsetzungen. Da wäre mehr möglich, denn bei Europa handelt es sich um eine relativ reiche Gesellschaft. Wir hätten da noch mehr Verantwortung einzubringen in der Entwicklungs- und Flüchtlingshilfe. Die Weltgesellschaft hat da noch ein großes Defizit.
 
WZ: Aus Ihrer langjährigen Erfahrung, was würden Sie jungen Menschen auf ihrem Weg im Hinblick auf Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gegenüber Polizei an die Hand geben?
 
Landrat Pavel: ich würde sagen: Alles, was extrem ist, ist gefährlich und nicht dienlich. In Deutschland haben wir aus meiner Sicht die stabilste Demokratie auf der ganzen Welt. Diese demokratischen Freiheitsrechte sind viel wert. Die Generationen vor uns können ermessen, was es bedeutet, wenn man diese Freiheitsrechte nicht in Anspruch nehmen kann. Daher rate ich, diese freiheitliche Demokratie mit allem zu verteidigen, was rechtsstaatlich zur Verfügung steht. Jungen Menschen würde ich gerne zurufen: "Auch, wenn es scheinbar schwierig aussieht, ist das Glas immer halbvoll."
 
WZ: Corona hat uns alle überrascht. Wie schätzen Sie persönlich den Weitergang der Pandemie ein?
 
Landrat Pavel: Ich persönlich denke, dass die Landkreise mit ihren Gesundheitsämtern die Situation gut im Griff haben. Dass wir auch auf erhöhte Infektionszahlen routiniert und professionell reagieren können. Ich mache mir keine Sorgen. Wir werden die nächsten Monate gut überstehen. Natürlich wird es zu weiteren Infektionen kommen, aber die halte ich für beherrschbar.
 
WZ: Herr Landrat Pavel, vielen Dank für das Gespräch. Auch persönlich bedanke ich mich bei Ihnen, denn Sie zeigten mir schon als junger Mensch, dass es sich lohnt, für die Sache zu kämpfen. Auch Ihr Besuch als junger Landrat im Tierheim wird mir in gutem Gedächtnis bleiben.